Tango & Frauen

Der Tango ist, historisch gesehen, die Geschichte eines Genderkampfes. Frauen nutzten den Tango, um sich aus dem Joch männlicher Dominanz und Bevormundung zu befreien, unter dem sie jahrtausendelang gelitten hatten. In nur wenigen Jahren, von 1900 bis 1914, schafften sie den entscheidenden Durchbruch.

Man mag es kaum glauben, aber im innersten Kern war der Tango eine Schöpfung der Frauen. Er war Symbol und Vehikel ihres Kampfes um Selbstbestimmung, auf allen nur denkbaren Ebenen: körperlich, geistig, beruflich, finanziell, intellektuell, sexuell…

Michael Groß, langjähriger Tangolehrer und Autor für die Zeitschrift Tangodanza, verblüfft mit einer unterhaltsamen, unkonventionellen Spurensuche.

Tanz war das Vehikel, mit dem Frauen sich aus männlicher Verfügungsgewalt befreiten. Noch im 19. Jahrhundert durften sie nicht wählen, keinen Beruf ausüben, nicht mal alleine ins Konzert, Theater oder Restaurant. Und über die Heirat bestimmte allein der „gnädige Herr Vater“.

Doch in nur 15 Jahren, von 1900 bis 1914, kippt das Bild, und zwar vollständig. Nach dem Jahrhundert des Walzers schwappen neue Gesellschaftstänze aus den USA herüber, und das Ballfieber des 19. JH wandelt sich in einen wilden Dance Craze, der wie ein Wirbelwind die gesamte Bevölkerung erfasst.

Als ab 1911 der Tango zum globalen Hype wird, kocht die Debatte über: Obrigkeit und Kaiser, Papst und Kirche stellen sich der Moderne entgegen. Das Patriarchat sucht den Tango – Symbol weiblicher Emanzipation – mit allen Mitteln zu unterdrücken und zu diskreditieren.

Aber es ist zu spät. Der Tango ist längst zum Politikum geworden. Im scharf geführten Diskurs spiegeln sich die Ängste und Sehnsüchte einer ganzen Epoche. Und so ist die Geschichte des Tango eine Geschichte der Emanzipation der Frau. Es ist die Geschichte eines Genderkampfes, der damals die gesamte westliche Welt erschütterte.

Leseprobe – Ignoranz der Männer

Weitere Auszüge aus dem Buch findet Ihr in der Tangodanza, Heft 77 (1-2019) und Heft 78 (2-2019). Die beiden Artikel drehen sich um „Mädchenhandel und Prostitution“.

Leserstimmen

Petra (ehem. Leiterin einer sozialen Einrichtung):
„… ungeheuer spannend. Ich konnte es kaum abwarten, zu Ende zu lesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Frauen das alles gemacht haben sollen!“

Willem (EDV-Beauftragter eines Datenzentrums, Tanguero):
„Vieles aus dieser Zeit habe ich nun überhaupt erst richtig verstanden.“

Regine (Lehrerin und angehende Tanguera):
„An der Stelle über den Mißbrauch der Kinder hätte ich das Buch am liebsten in die Ecke gedonnert. Ich konnte nicht mehr weiterlesen! Aber dann habe ich es mir nochmal gründlich vorgenommen. Und ich muss sagen: Es ist durchweg offen und ehrlich geschrieben.“

Beatrice (Heilpraktikerin, Tanguera):
„An der Stelle mit den Kindern hab ich geweint…“

Kristina (Tanguera):
„Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frau hätte besser dargestellt werden können.“

Peter (Bürgermeister eines Dorfes in Thüringen):
„Die Unterlegung der Aussagen mit historischen Daten und Fakten muss ja eine unglaubliche Arbeit gewesen sein. Alle Achtung!“

Erika (Psychotherapeutin):
„Das Buch kommt so harmlos daher, so als ginge es bloß um einen Tanz. Und dann reißt du den Schleier herunter, und wir stehen mitten in einer Zeit, die unserer Gegenwart so verteufelt ähnlich sieht. – Irre, die Wurzeln unserer Gesellschaft so nackt zu sehen!“

Richard (Tanguero) meinte spontan:
„Bin ja schon immer der Meinung gewesen, dass der Tango weiblich ist. Und dass seine Führungsarbeit empathische, sensible Männer erzieht, die dabei sehr viele weibliche Kompetenzen erwerben. Ohne ihre männliche Seite aufgeben zu müssen (und das ist gut so)!“

So die Meinung von einigen der mehr als zwei Dutzend Testleser, die das Manuscript vorab zu sehen bekamen. Vielen Dank Euch allen – Ihr habt mir Mut gemacht!